Ich sass vor dem Livestream-Gottesdienst, als der Pastor in seiner Botschaft dieses Bild erwähnte. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Perfekt! Dieses Bild zeigt genau auf, wie das Zusammenspiel von Eltern und Gemeinde in der Glaubenserziehung ihrer Kinder zu verstehen ist.
Was ist die Aufgabe dieser Stimmen im Hintergrund: «Es sind die Stimmen, die oft die Musik von grossen Musikern zu dem machen, was sie ist» (Zitat aus: «20 Feet from Stardom»). Die Stimmen der Backvocals geben der Solostimme den Raum, die Fülle, den Boden, das Volumen, die Farbe und den Hintergrund, der den Gesang der Frontsänger erst zu dem macht, was er ist. Diese Backvocals helfen entscheidend, dass die Botschaft beim Publikum ankommt.
2014 wurde der Film «20 Feet from Stardom» mit dem Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. Er dokumentiert die Aufgabe und Rolle eben dieser Backvocals in Zusammarbeit mit einigen Weltstars. Man könnte den Titel auch übersetzen mit «6 Meter entfernt vom ganz grossen Ruhm!» Nie selber im gleissenden Rampenlicht, aber immer beteiligt, dass die Stars Erfolge feiern.
Oder nehmen wir den Worship- bzw. den Gospelchor. Oft gibt es einzelne Solosänger und der Rest des Chores lebt voll die Rolle der Backvocals aus. Nicht selten tritt jemand aus dem Chor bei einem Lied selbst an den Bühnenrand als Solosänger oder unterstützt die Leadsänger. Diese Sänger und Sängerinnen tauchen gleichsam auf, um die Frontinterpreten «Teilzeit» zu unterstützen.
Was hat das alles zu tun mit Glaubenserziehung unserer jungen Generation und mit der Zusammenarbeit von Eltern und Gemeinde? Ich meine: Es ist ein geniales Bild der Aufgabenverteilung und der Verantwortung.
Seit bald vier Jahrzehnten erlebe ich, wie immer wieder die Frage auftaucht: «Wer ist eigentlich zuständig für die geistliche Erziehung oder Begleitung der Kinder?» Die einen zeigen sofort auf die Eltern, andere ordnen diese Aufgabe ganz klar der Gemeinde und ihren Angeboten zu. Und dann sind noch die Zwischentöne wie jener Vater, der meinte: «Ich nehme meine Verantwortung sehr wohl wahr, ich bringe meinen Sohn zu euch ins Kinderprogramm!» Nun, ausgehend von 5. Mose 6,4-7 haben wir im Zusammenhang mit ORANGE LEBEN erkannt, dass beide Personengruppen einen Auftrag von Gott haben und dass dieser Auftrag besser gemeinsam angepackt wird.
Ergänzend dazu ist mir in jüngerer Vergangenheit folgende Tatsache wichtig geworden: Wir Menschen sind von kleinster Kindheit an Beobachter und Kopierer. Man könnte auch sagen Imitationslerner oder Nachahmer. Wir schauen zu, probieren selber, werden korrigiert, versuchen es wieder und wieder … Beim genauen Hinsehen passiert das nicht nur bei den Kleinkindern sondern auch in der Schule, beim Sport, beim Beruf, beim Hobby und auch im Glaubensleben. Wir sind so bis ins hohe Alter. Nach dieser Beobachtung ist es nun einfach herauszufinden, von wem wir am meisten lernen: Von den Personen, mit denen wir am meisten Zeit verbringen, also am längsten beobachten können. Dies sind in den jungen Jahren die Eltern.
In unserem Bild gesprochen sind die Eltern die Frontsänger. Sie haben den grössten Einfluss, sie geben den Ton an und übermitteln die Botschaft. Sie sind die Vorbilder, die beobachtet und imitiert werden. Als kleine, nicht immer ganz angenehme Tatsache sei hier noch angemerkt: Die Kinder beobachten und imitieren das was da ist bei ihren Vorbildern egal ob es gut oder weniger gut gesprochen bzw. vorgelebt wird.
Hier kommen nun die Backvocals – die Gemeinde – ins Bild. Wir erinnern uns und ich zitiere gerne nochmals: «Es sind die Stimmen, die oft die Musik von grossen Musikern zu dem machen, was sie ist! Die Stimmen der Backvocals geben der oder den Solostimmen den Raum, die Fülle, den Boden, das Volumen, die Farbe und den Hintergrund, der den Gesang der Frontsänger erst zu dem macht, was er ist. Diese Backvocals helfen entscheidend, dass die Botschaft beim Publikum ankommt.»
Ich erinnere mich an jenes Mädchen, das verkündete: «Ich habe mich im Pfingstlager unserer Jungschar entschieden, ganz mit Jesus zu leben!»
Ich erinnere mich an jenen Vater, der Monate nachdem sein Sohn bei mir im Lager gewesen war, berichtete: «Eines Abend als ich am Bettrand meines Sohnes sass und wir über die persönliche Beziehung zu Jesus miteinander austauschten, kam auch zur Sprache, dass wir Jesus sagen sollen, wenn wir bewusst mit ihm leben und ihm nachfolgen möchten. ‘Das habe ich schon im Lager gemacht’, meinte mein Sohn.» - «Da wäre ich auch gerne dabei gewesen», meinte der Vater noch.
Ich erinnere mich an jene junge Theologiestudentin. Auf die Frage, wer ihren Glauben mit am meisten geprägt habe, meinte sie: «Eines Tages kam nach dem Gottesdienst ein älteres Gemeindeglied auf mich zu und frage mich, wie es mir ginge und ob er für mich beten könnte. Regelmässig fragte er nach und versprach mir, für mich zu beten – jahrelang. Es war für mich klar, dass ich ihn auch zu meiner Abi-Feier eingeladen habe.»
Die Eltern sind die Frontsänger. Wir als Gemeindeglieder sind Backvocals – einige Schritte im Hintergrund. Wir sind wichtig für die junge Generation. Wir werden auch beobachtet, wir werden auch imitiert – so oder so – und jeder von uns. Es gibt kein Ausweichen. Manchmal und immer wieder tritt jemand von uns abwechslungsweise ins Scheinwerferlicht – als Mitarbeiter, als Nachbarin, als Patin oder einfach als Gemeindeglied - und hilft, unterstützt, berät und prägt mit.
Unsere junge Generation braucht beide – zwingend. Es braucht sie beide zum Erfolg – die Frontsänger und die Backvocals. Ein geniales Bild mit viel Potential zum Lernen! ORANGE LEBEN in Reinkultur!
Hans Forrer
ehem. Bereiche Kinder und ORANGE LEBEN