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Vergebliche Stunden?
Vergebliche Stunden?
04.06.2021 | Rubrik: Teeniearbeit | 2.5 Minuten Lesezeit | Autor: Nadine Hartmann

Lieber Leser, liebe Leserin, versetze dich mal in deine Kinder- und Jugendzeit. An wie viele Inputs bzw. Andachten aus deiner Kinder- und Jugendzeit kannst du dich erinnern? Seien wir ehrlich, viele werden es nicht sein. Eigentlich sehr schade, haben sich doch die damaligen Leiter und Leiterinnen stundenlang vorbereitet. Sie versuchten uns Geschichten kreativ zu erzählen, verknüpften es mit lebensnahen und altersentsprechenden Situationen und bereiteten ein aussergewöhnliches «Vertüüferli» vor. Alles hat nichts genützt. Vieles ist vergessen gegangen. Macht dieser enorme Aufwand überhaupt Sinn?

Denke ich an meine eigene Kinder– und Jugendzeit zurück, erinnere ich mich an einzelne Inputs und ihre Kernsätze. Meistens sind es symbolische Bilder, die ich bis heute in mir trage. Aber das, was mir am meisten geblieben ist, ist die Leidenschaft und Hingabe der Leiter und Leiterinnen. Ihr innigster Wunsch war, dass wir Gott kennen und lieben lernen. Sie waren begeistert von Jesus, haben die Bibel gekannt, daraus vorgelesen und versucht mir die Inhalte auf verständliche Weise zu erklären. Dies hat mich als Kind und Jugendliche begeistert und ich wollte selbst diesen Gott kennenlernen. An was kannst du dich noch erinnern? Was hat dich geprägt? Und die viel spannendere Frage, an was sollen sich deine Kinder und Jugendliche erinnern, wenn sie in 10, 20 Jahre auf diese Zeit zurückblicken?

Heute gibt es super ausgearbeitetes Material für die Kinder- und Jugendandacht. Ich kann die fast fertige Lektion zücken und sie 1:1 durchführen. Die Kernbotschaft sind super formuliert, die Spiele passend, die Geschichte super verpackt und die Bastelideen mit wenig Aufwand total genial umzusetzen. Das ist doch perfekt! Wenig Aufwand für die Leiter und Leiterinnen und trotzdem super Ergebnisse. Doch was mache ich, wenn genau an diesem Sonntag die Kinder oder Teenies überhaupt nicht bereit sind für diese Botschaft, weil die Gruppe unruhig ist und sich nicht auf deine Lektion einlassen können. Das kann zu einem sehr frustrierenden Moment für die Kinder und für dich als Leiter/-in werden.  

Bin ich in solchen Momenten bereit, die Störung (Unruhe der Gruppe) anzunehmen? In solchen Momenten kann ich unterschiedlich reagieren. Ich kann die Störung ignorieren und mein Programm wie geplant durchführen. Das kann gut gehen, aber kann auch gewaltig schief gehen. Oder spreche ich die Störung an, nehme mir Zeit dafür und lasse evtl. gewisse Programmpunkte weg. Meine Erfahrung ist, dass es manchmal gut ist, das Programm spontan anzupassen und Vorbereitetes wegzuglassen.

Um mit dieser Spontanität umgehen zu können, hilft es mir, beim Start meiner Vorbereitungen und auch vor dem Anlass ins Gebet zu gehen. Ich bete, dass SEIN Wille geschehe und er mir Ruhe und Besonnenheit gibt. Nun ist es leider nicht so, dass Gott während der Lektion mit mir spricht und sagt, was ich tun soll oder nicht. Aber ich merke, dass Gott mich innerlich leitet. Ob ich dieser innerlichen Leitung nun folge oder nicht, ist wieder meine Entscheidung. Doch bis jetzt hat es meistens gepasst.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir im Team darüber sprechen, was ist das Ziel bzw. die Erwartung des Angebots. Muss in jedem Fall die Lektion durchgezogen werden oder hat man da eine gewisse Freiheit? Meistens hat man ja einen Semesterplan und am nächsten Sonntag kommt ja meist die nächste Geschichte die auf den vorherigen Sonntag aufbaut Welche Werte wollen wir der jungen Generation vermitteln? An was soll sich die junge Generation in 10, 20 Jahren erinnern? Nehmt euch doch mal an der nächsten Teamsitzung Zeit und redet darüber.  

Zum Schluss noch ein Erklärungsversuch zu meiner Anfangsfrage, ob es sich überhaupt lohnt so viel Zeit in die Vorbereitungen und die Durchführung zu investieren. Dies kann ich mit einem klaren JA beantworten. Kinder und Jugendliche nehmen unbewusst sehr viel wahr. Auch wenn sie sich nicht mehr an den genauen Inhalt der Lektion erinnern können, vermittelt jede Lektion ein Gefühl. Sind diese wiederholend positiv, vermittelt dies dem Kind ein positives Grundempfinden. Mit der Zeit speichert es dies mehr und mehr als eine positive Erinnerung ab und das Kind wird positiv in seinem Leben geprägt. Deshalb ist es wichtig, dass wir Zeit und Schweiss in unsere einzelnen Lektionen investieren.

Für die Kids und Teens unserer Gemeinde wünsche ich mir, dass sie echte Freundschaften untereinander erleben, wahre Annahme von uns bekommen und sie Gott kennen und lieben lernen. Dafür setze ich mich ein und darum kann es auch mal sein, dass ich eine geplante Lektion weglasse und stattdessen nach draussen gehe, wir miteinander spielen, lachen und eine gute Zeit miteinander haben. Hoffentlich erinnern sie sich auch in 10, 20 Jahren noch daran? Sei gesegnet für deinen wunderbaren Dienst an der jungen Generation.

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Nadine Hartmann

Bereich Teenie

Nadine ist verheiratet und lebt in Beinwil am See. Sie ist Sozialpädagogin und arbeitet zum einem im Team Young Generation mit Schwerpunkt Teenagerarbeit mit und zum anderen als Kinder- und Jugendarbeiterin in der Fabrik Chile Beinwil am See. Sie liebt es die Entwicklung eines Kindes zu beobachten, besonders die ihrer „Gottikinder".
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